Literarischer Advent: Wilhelm 13 ehrt umstrittenen Literaturnobelpreisträger

„Literarischer Advent: Wilhelm 13 ehrt umstrittenen Literaturnobelpreisträger“
Mehrfach monatlich finden in Wilhelm 13 interessante literarische Veranstaltungen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten statt. Im aktuellen Programmheft vom „Literaturhaus“ der Stadt Oldenburg Wilhelm 13 hat der literarische Advent am 25.11.2025 mit Bernd Eilers, Klaus Modick und Felicitas Hoppe unsere besondere Aufmerksamkeit geweckt. Dieser Abend soll dem norwegischen Schriftsteller Knut Hamsun (1859 bis 1952) gewidmet werden.
Knut Hamsun erhielt 1920 den Literaturnobelpreis für seinen Roman „Segen der Erde“ aus dem Jahr 1917. An dieser Stelle soll nicht auf das literarische Frühwerk des Nobelpreisträgers Knut Hamsun eingegangen werden. Es überrascht jedoch, dass ausgerechnet in der Stadt Oldenburg, die sich unlängst erst mit dem Schaffen von Edith Russ auseinandergesetzt hat, die in der historischen Debatte vielfach als Mitläuferin bezeichnet wird, nun dem langjährig bekennenden glühenden Nationalsozialisten Knut Hamsun ein ganzer literarischer Abend gewidmet wird. Offenbar hat sich niemand mit den politischen Positionen des Knut Hamsun auseinandergesetzt. Jedenfalls ist in der hier vorliegenden und in Oldenburg verteilten Ankündigung kein einziges kritisches Wort über die unbestritten nationalsozialistische Gesinnung des Nobelpreispreisträgers zu entnehmen.
Hamsun veröffentlichte seit 1940 Artikel in der Zeitschrift der (norwegischen nationalsozialistischen) Quisling-Partei, seine Bücher waren Pflichtlektüre im Schulunterricht im nationalsozialistischen Deutschland, er besuchte 1943 Goebbels und sogar Hitler auf dem Obersalzberg, und noch nach dem Selbstmord von Hitler veröffentlichte Hamsun in der führenden norwegischen Zeitung „Aftenposten“ am 7. Mai 1945 einen glühenden Nachruf auf den Diktator und Massenmörder, in dem dieser über alle Maßen als Lichtgestalt gefeiert wurde. Noch 1945 wurde Hamsun verhaftet. Wegen seines damals schon hohen Alters von 86 und seiner Stellung als ehemaliger Nobelpreisträger wurde er jedoch nicht inhaftiert. Er entging der Todesstrafe, wurde jedoch zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.
Es ist schon überraschend, dass einer solchen Person ein ganzer Abend gewidmet wird, sogar unter dem herausragenden Titel „Literarischer Advent“, aber die Oldenburgerin Edith Russ aus der öffentlichen Erinnerung gestrichen wird. Wir fragen uns, ob den Verantwortlichen des Kulturamtes und dem damaligen Kulturdezernenten Jürgen Krogmann die problematische Rolle Hamsuns im Nationalsozialismus bewusst war und warum dies in der Ankündigung keine Erwähnung findet. Wir fordern, dass eine kritische Einordnung historisch belasteter Autoren wie Knut Hamsun in den Programmen des Kulturamtes verpflichtend berücksichtigt wird, um Missverständnisse und eine unkritische Würdigung zu vermeiden.
Mit besten Grüßen
Daniela Pfeiffer
René Dittrich
Thorge Schramm